Lutz C. Frey: Ein wenig Professionalisierung könnte die Selfpublishing-Szene schon noch gebrauchen

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Lutz C. FreyWer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Lutz C. Frey. Ich lese Bücher gern, gelegentlich schreibe ich auch welche oder benutze sie als Unterlage für Topfpflanzen. Kein Witz. (Ich schäme mich vor mir selbst, aber der Kaktus kommt auf »The Stand« wirklich besser zur Geltung. Außerdem ist es diese unsägliche Lübbe-Version voller Druckfehler.) Lesen wie Schreiben sind für mich Realitätsflucht und Rausch, also quasi eine Art Drogenkonsum. Soweit ich weiß, ist der jedoch legal. Noch.

Manchmal fliehe ich dabei einfach nur in den Kopf eines anderen Menschen, manchmal in eine unbekannte, fantastische Welt. Ein Buch muss mich vor allem unterhalten und mir Spaß machen, das trifft aufs Lesen wie aufs Schreiben zu. Ich kann mir nicht vorstellen, Geschichten schreiben (oder lesen) zu müssen, die mich langweilen, das wäre eine Folter. Ich wäre ein furchtbarer Lektor.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Aufstehen, frühstücken, ungefähr bis Mittag schreiben oder mich stirnrunzelnd über mein Manuskript vom Vortag beugen (Dabei sehe ich übrigens unglaublich gelehrt aus, denn ich trage dann meine Brille!). Dann treibe ich ein wenig Sport, esse was zu Mittag und schon kann der Arbeitstag beginnen. Das geht dann so bis sechs oder sieben und dann lese ich noch etwas. Na gut, ich schau auch gern mal einen Film. Eigentlich schlecht, schließlich möchte ich kein Regisseur werden. Ich habe mich mit mir selbst inzwischen auf einen Kompromiss geeinigt: Hörbücher. Beim Autofahren oder Laufen sind die eh Pflicht. Klasse Erfindung!

Natürlich geht das nicht jeden Tag so, schließlich bin sogar ich ein soziales Wesen, obwohl ich schon jeden Tag irgendwie schreibe. Und wenn’s der Einkaufszettel ist. Am Wochenende genieße ich mein Privatleben und im Sommer habe ich auch öfter mal länger Wochenende.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Vor 2013 habe ich vor dem Mittagessen deutlich weniger Horrorgeschichten geschrieben, nämlich gar keine. Durch diesen Einschub in meinem Tagesablauf gehe ich jetzt öfter mal später zu Bett und komme gelegentlich auch etwas weniger zum Lesen. Also verbringe ich jetzt mehr Zeit damit herauszufinden, welche Bücher überhaupt lesenswert für mich sind. Daher habe ich dann wiederum weniger Zeit zum Lesen. Ach, es ist ein Teufelskreis … und führt uns direkt zur Antwort auf die nächste Frage.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Ich habe zum Glück mit dem Ideekarree ein starkes Team an meiner Seite, was die grafische Gestaltung, Layout und teilweise auch die Vermarktung meiner Bücher übernimmt, aber ich habe trotzdem den Eindruck, dass es in Deutschland im Vergleich zum US-Markt wesentlich weniger professionell agierende(!) Servicefirmen für Self Publisher gibt, ob es nun um Covergestaltung oder Vermarktung oder andere nützliche Dienstleistungen für Autoren geht.

Ich persönlich finde die Arbeitsteilung mit anderen, kleinen Firmen und Freelancern nämlich ideal: Ich konzentriere mich aufs Schreiben und den Rest gebe ich ab. Ohne Tantiemenbeteiligung, ohne Zeitdruck, ohne Nerverei, ich treffe die Entscheidungen und lasse die Profis machen. So funktioniert Self Publishing heutzzutage, zumindest für mich.

Ich denke, ein wenig Professionalisierung könnte die SP-Szene schon noch gebrauchen, wenn sie den Verlagen ernsthaft Konkurrenz machen will. Ich selbst greife nämlich auch lieber zu einem ansprechenden Heyne-Hardcover als einem lieblos zusammengestümperten E-Book für 99 Cent, aber vielleicht sehe auch nur ich das so.

Ein zweiter wesentlicher Unterschied zu den USA, der mir aufgefallen ist: Es gibt hierzulande kaum interessante Plattformen für Autoren, um ihre Bücher vorzustellen und auf neue Projekte aufmerksam zu machen. Mit einem Wort: Marketingdienstleister und professionelle Vorstellungs-Plattformen, die im Budget des (noch-nicht-Bestseller-)Autors liegen. Die einzige Plattform in der Art, die mir dazu spontan einfällt, ist XTME.de.

Als Selfpublisher Bücher auf Lovelybooks und anderswo zu verramschen, halte ich heutzutage für einen erheblichen Blödsinn, zumindest in meinem Genre »Horrorthriller«, ebenso wie Gratis- oder Billigaktionen auf Amazon. Wir haben nicht mehr 2007, und anstatt mich über tausende Gratis-Downloads zu freuen, die dann ewig ungelesen irgendwelche Kindles verstopfen, freue ich mich über treue(!) Leser und investiere lieber langfristig in Qualität, Cover-Art, Lektorat und ein paar nette Gimmicks für meine Leser. Und natürlich in mein eigenes Handwerk, das Schreiben.

Presseunterstützung gibt es hierzulande leider auch keine nennenswerte für SP, was ich schade, aber teilweise auch verständlich finde. Viele Buchblogger betreiben die Blogs rein zum privaten Vergnügen, was völlig in Ordnung ist. Andererseits könnte ich mir vorstellen, dass man mit professionellen Rezensionsblogs, die sich auf SP konzentrieren, auch Geld verdienen könnte, und Herrgott, warum denn nicht? Ich denke da an ein kleines Team wirklich guter Rezensenten, das wirklich etwas von der Materie des jeweiligen Genres versteht, und die Bücher ehrlich und unvoreingenommen bewertet. Ich zumindest würde auf diese Seite schauen, bevor ich mich durch Tonnen von E-Books auf Amazon wühle. Das kostet nämlich auch eine Menge Zeit.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Ganz konkret wünsche ich mir, wie gesagt, immer den Kontakt zu meinen Lesern. Wenn ihr das hier lest und eine Meinung zu meinen Stories, Charakteren, wasauchimmers habt, schreibt mir ‘ne Mail. Ich freue mich drüber, wirklich!

Im Moment überlege ich außerdem, ob ich mein nächstes Manuskript zur Abwechslung mal an einen Verlag schicke (Ja ja, der Größenwahnsinn hat mich fest in seinen Klauen!). Falls sich da etwas ergibt, könnte ich einen direkten Vergleich zwischen den beiden Publishingmethoden anstellen, was sicher nicht ganz unspannend wäre. Ich tausche mich bereits seit einer Weile mit einigen Verlagsautoren und ein paar erfolgreichen Selfpublishern aus, aber es dürften gern mehr sein, ob nun mit oder ohne Verlag.

Wo finden wir Sie im Internet?

Auf meiner Website www.LCFrey.com, dort sind auch alle meinen bisherigen Veröffentlichungen aufgeführt, und einen Shop gibt’s da auch, und einen Link zu allen anderen mehr oder minder wichtigen Seiten, Facebook, Amazon, Goodreads und so weiter. Und natürlich ein Kontaktformular, falls das jetzt jemand liest, der mir gern seine Meinung geigen möchte. Ich bin ganz Ohr, beziehungsweise Auge. Geigt los! 🙂

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Ideekarree Leipzig

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