Katja Koslowski: Wir finanzieren uns über den Verkauf von gespendeten Büchern

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Katja KoslowskiIch heiße Katja Koslowski und arbeite seit 2011 für die SinneWerk gGmbH, einem Integrationsbetrieb für Menschen mit Behinderung in Berlin.

Kurz zu uns als gemeinnützige GmbH und was wir mit Büchern machen:

Wir finanzieren uns zu großem Teile über den Verkauf von gespendeten Büchern. Diese gelangen in der Regel über einen kostenfreien, berlinweiten Abholdienst und unsere Internet-Plattform buchspende.org zu uns.

Als Integrationsbetrieb geben wir Menschen mit Behinderung die Chance auf einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt. Ziel ist es, Jeder und Jedem die Möglichkeit zu geben nach eigenen Fähigkeiten den Betrieb zu bereichern, daher sind Menschen mit Behinderung bei uns in alle Betriebsabläufe eingebunden, von der logistischen Koordination, über die Buch-Sortierung und den Verkauf bis hin zur Buchhaltung.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Innerhalb Berlins ist täglich unser Buchabholdienst unterwegs und holt durchschnittlich ca. 1.500 Bücher aus Privathaushalten ab. Die Bücher werden dann von den Kollegen sortiert, bewertet und am geeignetsten Standort verkauft. Etwa 40% unseres Buchangebots ist über das Internet erhältlich. Die Bücher müssen hierfür auf ihren Zustand geprüft werden und das Angebot wird dann online eingetragen. Die weiteren 60% der Bücher gehen in unsere beiden Antiquariate und können dort gelesen, aber auch erworben werden.

Wir veranstalten auch kulturelle Veranstaltungen. Im Café Tasso – Das andere Antiquariat in Berlin-Friedrichshain beherbergen wir jede Woche vier abendliche Veranstaltungen; Lesungen, Konzerte und Ausstellungen. Zudem haben wir dort auch eine biozertifizierte Gastronomie. Im Morgenstern – Antiquariat und Café, unserem zweiten Laden in Berlin-Steglitz, findet man nicht selten antiquarische Schätze. Auch dort gibt es ein Kaffee-Angebot.

An allen Standorten arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt zusammen. Der Erlös aus Buchverkauf und Gastronomie fließt in die Arbeitsplätze der Mitarbeiter.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Ehrlich gesagt habe ich darüber selten nachgedacht. Wir schauen alle eigentlich immer ins Hier und Jetzt. Allgemein kann ich aber sagen, dass sich die Arbeit im Integrationsbetrieb dauernd verändert. Das liegt vielleicht daran, dass ein Betrieb wie unserer, der im öffentlichen Raum agiert und sich im freien Wettbewerb behaupten muss, die Herausforderung annehmen muss, die Balance zwischen Integration von Menschen mit Behinderung und Wirtschaftlichkeit zu halten. Um diese Bedingung zu erfüllen muss man sehr flexibel sein. Das schöne ist, dass die Hierarchien flach sind und die Mitarbeiter oft neue, eigene Ideen hervorbringen. So können Arbeitsprozesse optimiert werden, zum Beispiel in der Buch-Sortierung. Ich bin immer wieder positiv überrascht wie sehr die Mitarbeiter, egal in welchem Bereich, mitdenken und was sie alles schaffen.

Am SinneWerk reizt mich das unfertige, unperfekte und menschliche. Es gibt Raum für Veränderung. Ohne Veränderung ist keine Verbesserung möglich. Ich denke man muss einfach mutig sein, manchmal vielleicht sogar etwas naiv, um etwas zu erreichen.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Zurzeit planen wir ein neues Projekt, das wir gerne bald verwirklichen möchten: Einen eigenen Online-Shop für gebrauchte Bücher.

Im Internet verkaufen wir zurzeit noch auf den großen Plattformen. Dies möchten wir ändern. Wir möchten den gesamten Prozess, von der Angebotserstellung bis hin zum Versand des Buches an den neuen Besitzer, selbst übernehmen und somit neue, integrative Arbeitsplätze schaffen. Wir möchten unabhängig von großen Konzernen sein.

Für die Programmierung, Gestaltung, Betreuung und Verbreitung eines solchen Onlineshops benötigen wir finanzielle Unterstützung.

Ich bin der Meinung, dass das Fehlen von Geld kein Hindernis sein darf, gute Ideen umzusetzen. Darum plane ich ein Crowdfunding für die kommenden Wochen. Wir freuen uns über Jeden, der uns unterstützen möchte.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Da Bücherspenden essenziell für unsere Arbeit als Integrationsbetrieb sind freuen wir uns stets über Menschen, die uns Bücher spenden, die sie selbst nicht mehr benötigen. Das können neben Privatpersonen auch Autorinnen und Autoren sowie Verlage sein.

Außerdem möchten wir weiterhin Journalisten dazu bewegen über unsere Arbeit zu berichten, damit noch viel mehr Menschen von unseren Projekten erfahren.

Wo finden wir Sie im Internet?

Auf der Seite www.sinnewerk.de kann man sich über unsere Arbeit informieren und gelangt dort auch zu weiteren Seiten, beispielsweise zur Buchspenden-Plattform buchspende.org, oder zu den Seiten unserer beiden Läden.

Mich persönlich kann man am besten per Mail erreichen (koslowski@sinnewerk.de).

Aus Gründen der Lesbarkeit habe ich darauf verzichtet, in den Antworten zum Beispiel zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu unterscheiden.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Katja Koslowski

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