Annette Piechutta: Als Ghostwriterin helfe ich Lebensgeschichten ins Rampenlicht

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Annette PiechuttaWer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Ich heiße Annette Piechutta. Um Schicksalen eine Stimme zu geben, helfe ich als Ghostwriterin mit meiner literarischen Dienstleistung außergewöhnlichen Lebensgeschichten ins Rampenlicht. Dabei bin ich (meist) eine unsichtbare Schreiberin und verfasse so Biografien, Tatsachenromane, Erfahrungsberichte und Firmenporträts. Denn eine „Geschichte“ zu haben ist das eine, sie aber so umzusetzen, dass der Leser gefesselt bleibt, ist ein Handwerk, für das man viel Erfahrung braucht.

In den 39 Büchern, an denen ich bisher mitwirken durfte, geht es unter anderem um Themen wie Narzissmus, seelische Gewalt, Angststörungen, Tablettensucht, bi-kulturelle Beziehungen und Alkoholprobleme. Hierbei ist neben Talent zum Bücherschreiben Empathie eine wichtige Voraussetzung, die Fähigkeit, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen. Auch fällt es vielen „Autoren“ schwer, über ihr Erlebtes zu sprechen.

Ist das Manuskript nach zahlreichen Interviews und mehreren Überarbeitungen fertiggestellt, erstelle ich ein Exposé und unterstütze die Verlagssuche. Ich schreibe das mit einem Augenzwinkern, denn das ist eigentlich der schwierigste Teil. Gute Kontakte und sehr viel Geduld sind hierbei von Vorteil.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Vormittags beantworte ich E-Mails, schreibe Angebote, fasse bei Verlagen oder Agenten nach, denen bereits ein Exposé für ein bestimmtes Buchprojekt vorliegt, tippe Aufzeichnungen von Interviews ab, die ich mit „Autoren“ geführt habe, kümmere mich um die Pressearbeit von veröffentlichten Büchern, recherchiere für gerade angelaufene Projekte und telefoniere mit Kunden oder freien Mitarbeitern.

Da ich in der Regel an zwei bis drei Manuskripten versetzt arbeite, folgt am Nachmittag die Zeit der Stille und Kreativität. Ich erstelle dann einen Entwurf für ein gerade angelaufenes Projekt, überarbeite eine erste Buchfassung ober feile an einem Werk, das sich in der Endphase befindet.

Manchmal stehen Reisen an: entweder zu einem ersten, unverbindlichen Treffen, für Interviews, um die Basisthemen eines Buches zu erfassen, oder für eine Schlussbesprechung. Meistens jedoch erfolgen die Interviews und Besprechungen telefonisch oder per Skype, was den Vorteil einer individuellen Zeiteinteilung hat.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Als ich mich vor zwölf Jahren als Ghostwriterin selbstständig machte, musste ich meine Dienste noch in überregionalen Printmedien anbieten. Heute bekomme ich fast alle Anfragen über meinen eigenen Web-Auftritt. Auch bei Recherche und Kommunikation hilft mir das Internet. Für mich als Freiberuflerin bedeutet die zunehmende Digitalisierung eine enorme Arbeitserleichterung!

Unverändert dagegen ist die Leidenschaft für meinen Beruf! Einfühlungsvermögen hilft mir, den „Autor“ oder die „Autorin“ wirklich zu verstehen. Disziplin ebnet den Weg für beruflichen Erfolg. Und Dankbarkeit schwingt immer dann mit, wenn ich als „stiller Geist“ an einem bewegenden Thema mitarbeiten durfte.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Ganz klar: Die vielen Monate, die oft vergehen, bis einer der namhaften Verlage (oder Literaturagenten) sich auf das Exposé hin meldet, selbst dann, wenn mit dem zuständigen Lektor vorab über das Manuskript gesprochen wurde. Ein Exposé bringt die Dinge ja schon auf den Punkt, einschließlich Marktanalyse. Eine Zeitspanne von vier bis sechs Monaten ist mir völlig unverständlich.

Darüber hinaus nehmen zahlreiche Verlage keine neuen Autoren mehr an, und Literaturagenten betreuen ein Buch nur dann, wenn es eine sehr hohe Auflage verspricht. Daher freue ich mich umsomehr über das Engagement kleinerer Verlage, die sich trauen, mit einer geringen Auflage zu starten, und dadurch so manch schriftstellerischem Juwel aus der Schublade helfen.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Menschen, die ihre Lebensgeschichte oder ihr Buch so geschrieben haben möchten, dass der Leser gefesselt bleibt: authentisch, einfühlsam und spannend.

Wo finden wir Sie im Internet?

Meine Homepage: www.ghostwriterin.com

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Foto: Bettina Schneider-Grimm, Fulda

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