Volker Oppmann: Ich möchte mit LOG.OS ein ‘Betriebssystem für das geschriebene Wort’ aufbauen

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Volker Oppmann Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Volker Oppmann, ich bin Verleger von ONKEL & ONKEL und hatte im Sommer 2008 textunes initiiert (gehört seit Sommer 2011 zu Thalia), wo ich nun Ende März ausgestiegen bin, um eine gemeinnützige eBook-Plattform namens LOG.OS aufzubauen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Am Liebsten arbeite ich aktuell in meinem Keller-Büro zuhause, das ich liebevoll »GROUND CONTROL« getauft habe und das ausstattungstechnisch eine artgerechte Haltung garantiert.
Ansonsten pendle ich, je nachdem, was gerade zu tun ist, auch zwei bis drei Mal pro Woche ins Studio Farbenfroh in Berlin Friedrichshain, wo der Verlag aktuell noch in einer Bürogemeinschaft mit drei Grafikdesignern und einem Illustrator sitzt, die allesamt mehr als nur Kollegen, sondern richtig gute Freunde sind, und die mir aktuell dabei helfen, LOG.OS auf die Beine zu stellen.

Aber zurück zum konkreten Arbeitsalltag in leicht idealisierter Form:

(Falls im Auto unterwegs: Auf der Fahrt ein Hörbuch hören (all time favourites sind Peter F. Drucker, Jim Collins oder Frank Arnold, die sozusagen in heavy rotation laufen))

  • Licht an. Entrée Volker.
  • WARM UP
  • Kurzer Systemcheck: Requisiten = erforderliche Dinge vollständig und funktionsbereit?
  • Die Zeitung lesen, digital versteht sich – individuell zusammengestellt auf flipboard (iPad).
  • Gedanken und Ideen in Form von Bookmarks und Notizen (physisch wie digital) sammeln.
  • Mails und SocNet-Accounts checken, Dringendes beantworten, Rest zurückstellen.
  • Moleskine-Kalender aufschlagen und Aufgabenliste für den Tag kurz im Kopf überschlagen.
  • ARBEIT AN DEN KERNAUFGABEN
  • Aufgaben Position für Position abarbeiten
  • Pausen für Mails und SocNet-Kommunikation nutzen.
  • COOL DOWN
  • Gegencheck: Heutige Aufgabenliste + Aktualisierung des Kalenders (samt Kurzprotokoll)
  • Aufgaben auf asana.com sammeln, zuordnen und priorisieren
  • Aufgabenliste für morgen erstellen (TOP-Prios in Moleskine-Kalender übertragen)
  • Arbeitsplatz wieder in Originalzustand zurückversetzen.
  • Licht aus. Volker ab.

(Falls im Auto unterwegs: Auf der Fahrt ein Hörbuch hören, siehe oben.)

Sowie flexibel zwischendurch:

  • prokrastinieren (leider immer noch viel zu erfolgreich)
  • auf Unvorhergesehenes reagieren (oder auch nicht)
  • »bio breaks« samt kleinem Spaziergang am Mittag
  • Einschieben von Teilaufgaben an längerfristigen bzw. umfangreicheren Aufgaben oder Projekten, je nach Inspirationslage
  • Grundregel: when in the flow, don’t go!

Es empfiehlt sich außerdem, stets ein Notizbuch (Leuchtturm) am Mann zu haben, um all das festzuhalten, was mir im, um oder um den Kopf herum schwirrt – und sei es in Form eines beherzten »KLATSCH!«.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Meine Arbeit hat sich die letzten Jahre sowohl technisch als auch inhaltlich stark gewandelt:

So arbeite ich Dank unserer kleinen Familie heute z.B. viel fokussierter, insbesondere, was einen festen zeitlichen Rahmen anbelangt.

Inhaltlich verhält es sich auf den ersten Blick genau anders herum: während ich mich früher eher um einzelne Texte gekümmert habe, interessieren mich heute Textproduktion und Rezeption als solche, insbesondere in Form der zugrunde liegenden Funktionen, Systeme und Mechanismen – also das Buch als wirtschaftliches Gesamtsystem, respektive gesellschaftliches Phänomen. So gesehen ist das letzten Endes aber ebenfalls eine Fokussierung, da das Wesentliche für meine Begriffe eben nicht der jeweilige Text ist, sondern das, was dahinter liegt, das, was einen Text – und nicht minder wichtig: seine Nutzung – überhaupt erst möglich macht.

Wenn ich also sage, dass ich mit LOG.OS keine weitere eBook-Plattform, sondern ein »Betriebssystem für das geschriebene Wort« aufbauen möchte, dann ist das alles andere als metaphorisch, sondern durchaus ernst gemeint. Insofern würde ich auch meinen Beruf als Verleger heute völlig anders interpretieren als noch vor fünf Jahren. So sehe ich mich zwar auch weiterhin als »Vermittler von Texten« zwischen Autor(inn)en und Publikum, nur dass ich meine Aufgabe nicht mehr in der Produktion von einzelnen »Konsumgütern« sehe, sondern in der Produktion eines technologischen Gesamtsystems, über dessen demokratische Infrastruktur sich Individuen mit Hilfe von sowie über Text(e) austauschen können.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Die organisationelle Quadratur des Kreises hinzubekommen, d.h. eine unternehmerische (lies: innovationsgetriebene) Organisation zu konstruieren, die gleichermaßen marktorientiert wie gemeinnützig ist. Marktorientiert müssen wir sein, da man mit guten Absichten allein keinen Hund hinter dem Ofen vorlockt. Nur ein gutes Produkt mit deutlich erkennbarem Nutzen wird auch Kunden (im Sinne von Nutzern) finden, mithin Reichweite generieren können und damit gesellschaftliche Relevanz besitzen.

Auf der anderen Seite müssen wir sicherstellen, dass diese Organisation auch dauerhaft im Sinne des Gemeinwohls handelt, das heißt in erster Linie den Interessen der Urheber und Nutzer verpflichtet bleibt und nicht letzten Endes vielleicht sogar an einen kommerziellen Wettbewerber verkauft werden kann, womit wir auch nichts gewonnen hätten.

In einem ersten kleinen Schritt haben wir vor Kurzem – dem demokratischen Grundgedanken folgend – einen Förderverein gegründet, um eine geeignete Basis für die Start-Aktivitäten von LOG.OS zu haben, die in erster Linie aus Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising bestehen. Unser erstes Etappenziel besteht darin, genügend Kapital einzusammeln, um damit den eigentlichen organisatorischen Kern in Form einer Stiftung errichten zu können, die ihr Stiftungskapital wiederum in eine noch zu gründende, gemeinnützige GmbH investiert.

Die Aufgaben der zu errichtenden LOG.OS Stiftung liegen (1.) in der dauerhaften Sicherung der Neutralität der gGmbH als 100%ige Eigentümerin, wozu per Stiftungssatzung ein Verkauf von Anteilen an der gGmbH kategorisch ausgeschlossen wird, (2.) der Finanzierung der gGmbH durch professionelles Fundraising sowie (3.) der Funktion als Aufsichts- und Kontrollorgan der gGmbH, um einen satzungsgemäßen operativen Betrieb sicherzustellen.

Die Aufgaben der zu gründenden LOG.OS gGmbH bestehen (1.) in der Umsetzung ihres durch die Stiftung formulierten Auftrags, (2.) im operativen Betrieb der LOG.OS Plattform sowie (3.) in der kontinuierlichen Innovation, um ihren Kunden = Nutzern maximalen Nutzen zu stiften.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Ich hoffe natürlich, dass sich viele durch die Idee hinter LOG.OS persönlich angesprochen fühlen und den Wunsch verspüren, uns zu unterstützen – sei es durch konstruktive Kritik, tatkräftige Mitarbeit und natürlich finanzielle Unterstützung, da wir über die nächsten Jahre einen massiven Investitionsbedarf haben.

Ganz persönlich würde ich mich freuen, Menschen kennen zu lernen, die selbst bereits bewiesen haben, dass man das scheinbar Unmögliche möglich machen kann, wenn man konsequent seinen Weg geht und vor allem auf sein Herz hört.

Geschichten, die mich sehr beeindruckt haben, sind beispielsweise die Biographie »Unverkäuflich« von Bobby Dekeyser (erschienen bei den Kollegen von www.ankerherz.de) oder »Delivering Happiness« von Tony Hsieh, da beide einen enormen Fokus auf Unternehmenskultur und persönliche Beziehungen zu den Menschen um sich herum haben. Solche Menschen schaffen wirkliche Werte, nicht nur ein »Vermögen«.

Wo finden wir Sie im Internet?

PRIVAT:
twitter @onkelvolker
www.facebook.com/volker.oppmann
www.xing.com/profile/Volker_Oppmann

ONKEL & ONKEL
www.onkelundonkel.com
www.facebook.com/onkelundonkel
twitter @onkelundonkel

LOG.OS
www.log-os.info
twitter @according2john
www.facebook.com/pages/LOGOS/502528426480385

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Bernd Große

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