Mareike König: Ich leite die Bibliothek und die Abteilung 19. Jahrhundert des Deutschen Historischen Instituts Paris

Die folgenden fünf Fragen werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Mareike König

Wer sind Sie …

Mein Name ist Mareike König. Ich bin promovierte Historikerin mit Schwerpunkt deutsch-französische Beziehungen im 19./20. Jahrhundert und wissenschaftliche Bibliothekarin. Seit sechs Jahren leite ich die Bibliothek und seit vier Jahren die Abteilung 19. Jahrhundert des Deutschen Historischen Instituts Paris, ein Forschungsinstitut im Verbund der Max Weber Stiftung. Außerdem leite ich die Redaktion des deutschsprachigen Blogportals für die Geisteswissenschaften de.hypotheses.org.

… und was machen Sie mit Büchern?

Viel: Bücher lese ich, schreibe ich, gebe ich heraus, rezensiere ich, kaufe ich für die Bibliothek, erschließe ich inhaltlich, lasse ich restaurieren und sondere ich aus …

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Ein typischer Arbeitstag besteht bei mir zu einem großen Teil aus Kommunikation, ob mit Kollegen, Mitarbeiterinnen, Leserinnen, Lieferanten, Verlagen, Bloggenden etc., ob schriftlich oder mündlich. Ganz oben stehen außerdem Lesen und Schreiben von wissenschaftlichen Texten aller Art, gedruckt oder online, ob Bücher, Artikel, Vorträge, Blogbeiträge oder Posts in den Sozialen Medien. Tagungsvorbereitung, Herausgeberschaft von Büchern, Begutachtung von Beiträgen sowie die Arbeit in Archiven kommen noch dazu.

In der Bibliothek kümmere ich mich außer um leitende und Managementaufgaben um den Bestandsaufbau und die sachliche Erschließung der Medien. Ich vergebe dafür nach unserer hauseigenen Systematik die Signaturen (rund 2.000 im Jahr). Außerdem verschlagworte ich Bücher nach den Regeln für den Schlagwortkatalog (RSWK).

Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten Jahren bzw. in der letzten Zeit verändert?

Darüber könnte man seitenweise schreiben: Sowohl die wissenschaftliche als auch die bibliothekarische Arbeit sind durch die sich wandelnden Publikations- und Kommunikationskulturen rasanten Änderungen unterworfen. Ich greife einfach mal aus beiden Arbeitsfeldern einen Bereich heraus:

Neben dem sich verändernden Zugang zur Information ist für mich als Historikerin vor allem die Vernetzung mit Kolleginnen und Kollegen über soziale Medien wie Blogs, Twitter, Facebook oder Academia.edu eine der wichtigsten Veränderungen der letzten Jahre. Seit Anfang 2011 bin ich in den sozialen Netzen aktiv. Rückblickend teilt sich hier mein Berufsleben ganz klar in ein Vorher und ein Nachher: Für die Kommunikation, Zusammenarbeit, Vernetzung und für das thematische Monitoring kann man sich keinen besseren Gefallen tun, als in den sozialen Netzen aktiv zu werden. Ich würde mir wünschen, dass der professionelle Umgang damit an den Universitäten vermittelt wird.

Im bibliothekarischen Bereich haben sich die klassischen Aufgabengebiete – Sammeln, Erschließen, Bereitstellen und Bewahren von Medien – durch die Online-Publikationen erweitert. „Bestand“ ist jetzt nicht mehr nur das, was in den eigenen Regalen steht, sondern auch das, was thematisch passt und online weltweit zugänglich ist. Das hat Auswirkungen darauf, wie wir sammeln, erschließen und bereitstellen. Auch ein online frei zugängliches Buch oder eine Datenbank zur deutschen oder französischen Geschichte gehört in unsere Bestandsnachweise.

Gleichzeitig laufen die klassischen bibliothekarischen Aufgaben weiter. Wir haben beispielsweise wertvollen Altbestand, der restauriert und sinnvoll gelagert werden muss. Dieser Teil des Umgangs mit dem kulturellen Erbe darf auch im digitalen Zeitalter nicht vernachlässigt werden. Das mag banal klingen, scheint es aber nicht zu sein, wenn man sich z.B. den Skandal um den Verkauf der Gymnasialbibliothek in Stralsund ansieht.

Was ist ein typisches Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Außer der ständigen Zeitnot und den Versuchen, die Arbeit sinnvoll zu strukturieren, bleibt als typisches Problem vor allem der Zugang zur Literatur und zur Information und die damit verbundenen hohen und ständig steigenden Kosten. Das ist natürlich kein Problem, das man als Einzelne lösen kann, aber jeder kann einen Anteil dazu beitragen:

Als Wissenschaftlerin kann ich Open Access publizieren, ob im grünen oder im goldenen Weg. Als Bibliothekarin kann ich Open-Access-Finanzierungsmodelle wie das von OpenEdition unterstützen. Und gerade Forschungsinstitute können etwas tun: Das DHIP engagiert sich stark im Bereich des Open Access. Durch die Initiative unserer ehemaligen Direktorin Gudrun Gersmann haben wir oder sind wir dabei, unsere Veröffentlichungen gemeinsam mit der Bayerischen Staatsbibliothek und der Plattform perspectivia.net retrodigitalisiert frei im Netz bereit zu stellen.

Außerdem haben wir mit dem Aufbau des Blogportals de.hypotheses.org eine Plattform für die deutschsprachigen Geisteswissenschaften gemeinsam mit französischen und deutschen Kollegen aufgebaut. Das Portal stellt für die akademische Community kostenlos einen Service zur Eröffnung und Archivierung von Wissenschaftsblogs zur Verfügung. Dort wird ebenfalls Open Access publiziert.

Wo finden wir Sie im Internet?

Blogs

Soziale Netze

Website

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Mareike König

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