Ariela Sager: Wir würdigen bei ‘Autorenfreiheit’ literarisch hochwertige Texte unabhängiger Autoren

Die folgenden sechs Fragen unserer Interview-Reihe werden regelmäßig von den unterschiedlichsten Köpfen der Buchbranche beantwortet und die Interviews werden hier im Blog veröffentlicht. Dadurch entstehen Beiträge, die zum einen Aufmerksamkeit auf jene lenken, die “was mit Büchern machen”, und die zum anderen die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen der Branche sichtbar werden lassen. Wenn Sie ebenfalls teilnehmen möchten, senden Sie Ihre Antworten und ein Bild von Ihnen bitte an Leander Wattig. Als Inspirationsquelle könnten Ihnen die bisherigen Interviews dienen. (Jedoch behalte ich mir vor, nicht alle Zusendungen zu veröffentlichen.)

Ariela Sager Wer sind Sie und was machen Sie mit Büchern?

Mein Name ist Ariela Sager, aber ich würde gerne meine Kollegen Silka Rödl und Jens Schmidt gleich mit nennen. Wir haben im Februar diesen Jahres den Blog Autorenfreiheit eingerichtet, dem wir anschließend eine Fanpage und eine Gruppe auf Facebook angegliedert haben. Ziel und selbstgestellte Aufgabe ist es, literarisch hochwertige Texte unabhängiger Autoren zu finden und durch eine fundierte Rezension zu würdigen. Wir würden gerne mittelfristig zu einer Plattform werden, auf der Leser sich umsehen mögen, wenn sie nach Gegenwartsliteratur suchen. Wobei wir noch in der Entwicklung sind. Derzeit fassen wir unter Gegenwartsliteratur auch Kinderbücher, für die ich persönlich eine besondere Leidenschaft habe, weil ich bis vor kurzem viel mit Kindern gearbeitet und selbst Kinderbücher geschrieben habe, aber auch Essays und Kolumnen, Satire, derzeit auch noch Sachbuch fassen wir (im Moment noch) darunter. Außerdem konzentrieren wir uns mit unserer knappen Zeit konsequent auf selbstverlegte Bücher. Die Emanzipation verlagsunabhängiger Veröffentlichung, das ist die Vision hinter Autorenfreiheit.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Gibt es für Autoren typische Arbeitstage? Typisch ist für mich noch, dass um 6:45 Uhr der Wecker klingelt, weil ich es liebe, mit meinem Mann zu frühstücken und mit Blick auf unsere im Garten spielenden Katzen mit ihm zu plaudern. Ab 8:30 Uhr weiß ich dann nicht mehr, was kommen wird. Ich plane jeden Tag neu und verteile die Zeit: Zeit fürs Romanelesen und Rezensieren, fürs Romaneschreiben (seit kurzem schreibe ich Romane und erst mal keine Kinderbücher mehr), Zeit fürs Chatten in den Foren, aber hier geht es schon los, dass jede Zeitplanung schnell ad absurdum geführt ist. Von jetzt auf gleich kann dort ein spannendes Thema auftauchen, eine interessante Anfrage herein flattern, ein Dialog entstehen, der jetzt geführt werden will. Ich habe einen Büroplatz in der Stadt gemietet und auch dort kann alles Mögliche passieren: Ich verlängere meine Mittagspausen um Stunden, weil ich mich in einem Roman festgelesen habe, verschwinde im Café, weil ich Inspiration zum Schreiben brauche oder ich entwickele eine Idee mit Jens Schmidt, der am Schreibtisch im Nebenraum sitzt und dann ist alles über den Haufen geworfen und wir sitzen an der Seite von Autorenfreiheit und tüfteln an unserer neuen Idee. Typisch ist für mich also nur, dass nichts typisch ist.

Wie hat sich Ihre Arbeit über die Zeit verändert?

Gar nicht. Das war alles schon immer so, seit ich entschieden habe, mein eigener Sklaventreiber zu sein. Seitdem folge ich meinem persönlichen Rhythmus und der Inspiriertheit des Moments und nur darin liegt Veränderung, wenn sich Rhythmus und Inspirationsquellen ändern.

Was ist ein Problem bei Ihrer Arbeit, für das Sie eine Lösung suchen?

Kapazitätsengpässe. Wir würden gerne viel mehr Bücher in viel kürzerer Zeit würdigen, aber dazu fehlen uns die Leser. Eine Schwierigkeit, weitere Rezensenten zu finden, liegt vielleicht darin, dass ich Literaturwissenschaftlerin bin, meine Rezensionen jetzt einen bestimmten, von Autoren und Lesern geschätzten, Stil haben und wir heikel in der weiteren Aufnahme von Rezensenten sein müssen. Wir bekommen von Lesern die Rückmeldung, dass sie die Ausführlichkeit der Rezensionen, die Begründungen unserer Empfehlung vor allem, zu schätzen wissen, während Autoren uns sagen, sie würden manchmal einen ganz anderen Blick auf ihr eigenes Werk bekommen. Ich schweife ab, aber ich muss die Geschichte erzählen: Einmal schrieb mich ein Autor an uns sagte, er habe gar nicht gewusst, dass er wirklich Kunst geschaffen habe, aber jetzt leuchte es ihm ein. Für gewöhnlich aber sind Autoren ganz einfach dankbar, dass wir unsere Lektüreempfehlung plausibel machen, das Werk nicht nur gut oder schlecht finden, sondern auch aufzeigen, wie es funktioniert, wo seine Stärken und Schwächen liegen, worin also für uns sein Wert liegt. Das ist immer nur eine einzige Meinung, aber ich habe auch schon Rückmeldungen von Lesern bekommen, die wirklich Bücher aufgrund dieser Rezensionen gekauft haben. Einmal war sogar eine Verlegerin darunter. Und darum würden wir das bisherige Textniveau der Rezensionen nicht gerne verlassen, bräuchten aber gleichzeitig mehr davon.

Wer sollte Sie ggf. kontaktieren – welche Art von Kontakten wäre zurzeit hilfreich für Sie?

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das festlegen sollte, denn nicht, dass sich jemand nach meiner Festlegung nicht meldet, obwohl es ein fruchtbarer Kontakt hätte werden können. Ich sage darum mal ganz grob: Leute, die etwas von Literatur verstehen und bei Autorenfreiheit mitmachen wollen wären uns willkommen. Andere Blogger, die sich auf ein Genre oder eine Textgattung spezialisiert haben auch. Mit dem Blogroll haben wir begonnen, aber würden ihn gerne noch erweitern. Leser unbedingt, die nach anspruchsvoller Gegenwartsliteratur suchen. In der Gruppe von Autorenfreiheit sind uns Autorinnen und Autoren willkommen, denn diesen Austausch fand ich schon mehrere Male sehr fruchtbar und inspirierend. Wie wäre es auch mit Verlagen? Denn von den meisten Autorinnen und Autoren, die ich rezensiere, weiß ich, dass sie einem Verlagsvertrag nicht abgeneigt gegenüber stehen würden. Ich sage: Die meisten. Von einigen weiß ich auch, dass die Unabhängigkeit ein Statement ist und das Verlagsangebot schon so sein müsste, dass sie es nicht ablehnen können. Auf jeden Fall haben diese Autorinnen und Autoren Verlagsniveau, sonst hätte ich die Bücher nicht zu Ende lesen können. Ich bin eine schrecklich ungeduldige und einigermaßen ungnädige Leserin.

Wo finden wir Sie im Internet?

www.autorenfreiheit.de
www.ariela-sager.de

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bildquelle: Ariela Sager

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