Scott – ein Text zur Gastfreundschaft von Christiane Frohmann

Scott hatte sich als Freiwilliger gemeldet, um der deutschen Austauschstudentin das Leben in New Haven, Conneticut, sowie US-amerikanische Gepflogenheiten näherzubringen, und das tat er. Wir besuchten eine Country Fair – eine Art Landwirtschaftsausstellung mit Lumberjack Games (Holzfällerwettkämpfen), Monstertrucks und Rummel –, fuhren kurz vor Halloween zu einer Pumpkin Farm, wo ich ekstatisch auf einem Kürbisfeld herumsprang; wir erkundeten Orte, die East Berlin und German Town hießen – was ich, coming from Berlin, Berlin, unglaublich witzig fand –, und an Thanks Giving lud Scott mich ein, gemeinsam mit ihm, seiner Frau Laura und dem Rest der Familie zu feiern. Wir aßen Roasted Turkey, Mashed Potatoes, Sweet Potatoes, Green Peas, Apple Pie, Pumpkin Pie, und ich probierte auch brav den Eggnogg, einen ekligen Eierpunsch. Etwa zehn Minuten nach dem letzten Bissen und dem darauf rituell folgenden Gezerre am Wishbone (= Wünschelknöchelchen, in dem Fall das Gabelbein des armen Truthahns) – ich »gewann«, vermutlich ließ man mich gewinnen –, schlief ich, wirklich wahr, carbkollabierend mitten im Gespräch im Sessel ein.

Dank Scott machte ich all diese »typisch amerikanischen« Sachen, über die man hier so gerne die Nase rümpft, Sachen, über die auch ich vermutlich bis heute die Nase rümpfen würde, hätte dieser nette Mensch mich nicht zwischendurch aus meiner Campus-Realität heraus- und an der Ostküste herumgefahren – mit einem SUV übrigens, ein Fahrzeugtyp, der in Deutschland damals, Ende der 90er, außer bei der Forstarbeit, noch komplett ungebräuchlich war. Scott hat mit ein paar netten Aktionen dafür gesorgt, dass ich nie zum pauschalen USA-Hasser werden könnte und mich gleichzeitig implizit gelehrt, dass interkultureller Dialog wie von selbst funktioniert, wenn man gemeinsam schöne Erlebnisse hat.

Danke, Scott.

 

Scott – ein Text zur Gastfreundschaft von Christiane FrohmannFotos: (c) Christiane Frohmann

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Christiane Frohmann ist Verlegerin beim Verlag für digitale Kultur und Wissenschaft FROHMANN, auch bei ORBANISM ist sie die Verantwortliche für Publishingbelange.

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Mit #orbanismgastfreundschaft, einem Blog- und Gratis-E-Book-Projekt wollen wir vorsätzlich positive Bilder, Gedanken und Vorstellungen in die Welt und zum Zirkulieren bringen. Wir hoffen, es so wieder plausibler zu machen, dass es zum Menschsein gehört, anderen Freundlichkeit entgegen zu bringen und ihnen in Notsituationen auch Schutz zu gewähren.

Wir laden euch herzlich ein, uns – am liebsten bis zum 10. April – weitere Texte zum Thema selbst erlebte Gastfreundschaft (Umfang bis 3.000 Zeichen, kann aber auch ganz kurz sein) zu schicken, die wir bloggen und in einer Anthologie bei Orbanism Publishing veröffentlichen dürfen. Wenn Letzteres, etwa aufgrund von Buchverträgen, nicht möglich ist, können wir Texte gern auch nur bloggen. Bitte Text mit Ein-Satz-Bio in der 3. Person, dazu optional ein Link zu eigenem Herzensprojekt, gern auch ein passendes Foto, bei dem ihr die Rechte besitzt, per Mail an Christiane Frohmann, cf AT orbanism DOT com, senden. – Wir möchten die Rechte an den Texten und ggf. Bildern nicht exklusiv, bitte achtet aber darauf, dass ihr spätere Nutzer auf unser Nutzungsrecht hinweist. Bitte keine Texte unter Pseudonym einreichen.

 

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