Volksküche K-Straße – ein Text zur Gastfreundschaft von Birte Förster

Wir waren noch neu in der Stadt, als mein Sohn mit Annettes Jungen Freundschaft schloss. Kurz darauf, es war ein kalter Märznachmittag, wartete sie am Kindergarten auf mich und fragte: „Wollt Ihr nicht mal vorbeikommen?“ Wir kamen und während nebenan die Star-Wars-Lego-Experten spielten, saßen wir zusammen, tranken Kaffee und erzählen vom Getrennt- und Alleinerziehendsein.

Unserem ersten Treffen sollten noch viele folgen. Zu zweit zu essen war dem Kind und mir zu langweilig und auch immer ein bisschen traurig. Das Gespräch verlief meist schleppend und darüber schwebte oft der Gedanke, wie es einmal anders gewesen und nun nicht mehr war. Zu viert war es lebendiger, schöner, lustiger. Unsere gemeinsamen Abende waren etwas Neues, Regelmäßiges im Chaos der Umstellung. Es tat gut, dass jemand für uns kochte und es war auch schön, die beiden zu uns einzuladen. Beim Wein nach dem Essen, über Jahre immer montags, redeten wir über den Ärger in der Grundschule, die Ex- und die neuen Männer, über Politik und Feminismus, über unsere Mütter. Weil Annette so viel öfter kochte als ich, nannten wir diese Institution bald „Volksküche K-Straße“. Ich wünsche sie allen, die einen Neuanfang machen. Annette und ihr Sohn haben ganz nebenbei dieses Darmstadt für uns zu einem Zuhause gemacht.

Das ist jetzt sieben Jahre her. Aus dem Angebot von Gastfreundschaft, aus der schlichten Frage „Wollt Ihr nicht mal vorbeikommen?“ ist Freundschaft, Zuspruch, Gesehenwerden, Ankommen geworden. Und das ist Glück.

 

Volksküche K-Straße – ein Text zur Gastfreundschaft von Birte Förster
Foto: (c) Birte Förster

 

Birte Förster ist Historikerin und lebt in Darmstadt, 2015 hat sie das Blog gefluechtet.de mitbegründet.

 

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Mit #orbanismgastfreundschaft, einem Blog- und Gratis-E-Book-Projekt wollen wir vorsätzlich positive Bilder, Gedanken und Vorstellungen in die Welt und zum Zirkulieren bringen. Wir hoffen, es so wieder plausibler zu machen, dass es zum Menschsein gehört, anderen Freundlichkeit entgegen zu bringen und ihnen in Notsituationen auch Schutz zu gewähren.

Wir laden euch herzlich ein, uns – am liebsten bis zum 10. April – weitere Texte zum Thema selbst erlebte Gastfreundschaft (Umfang bis 3.000 Zeichen, kann aber auch ganz kurz sein) zu schicken, die wir bloggen und in einer Anthologie bei Orbanism Publishing veröffentlichen dürfen. Wenn Letzteres, etwa aufgrund von Buchverträgen, nicht möglich ist, können wir Texte gern auch nur bloggen. Bitte Text mit Ein-Satz-Bio in der 3. Person, dazu optional ein Link zu eigenem Herzensprojekt, gern auch ein passendes Foto, bei dem ihr die Rechte besitzt, per Mail an Christiane Frohmann, cf AT orbanism DOT com, senden. – Wir möchten die Rechte an den Texten und ggf. Bildern nicht exklusiv, bitte achtet aber darauf, dass ihr spätere Nutzer auf unser Nutzungsrecht hinweist. Bitte keine Texte unter Pseudonym einreichen.

 

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